Handlungsempfehlung und Hilfestellung für Ihre Entwässerungsplanung

Informationen für Bauherren und Planer


Informationen für Bauherren

Die Entwässerung von Grundstücken ist in zahlreichen Gesetzesgrundlagen, Normen, Vorschriften und Regelwerken mit dem Ziel verankert, eine geordnete Abwasserbeseitigung sicherzustellen. Fehler in der Planung oder Bauausführung führen regelmäßig zu Feuchtigkeitsschäden, Immobilienflutung bei Rückstau, und unangenehmen Geruchsentwicklungen. Im Folgenden geben wir Ihnen einen kleinen Leitfaden an die Hand, um einige Klippen in der Entwässerungsplanung souverän zu umschiffen.

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Wo erhalte ich grundlegende Informationen?

  • Eigene Unterlagen / Unterlagen vom Grundstücksverkäufer
  • SEH:
    • Lage, Tiefenlage und Dimension der öffentlichen Kanalisation
    • Einleitbeschränkungen
  • Stadtverwaltung Herne:
    • Gebäudeakten mit eventuell dargestelltem Entwässerungssystem
    • Fachämter, z. B. Auskünfte über Grundwasserstände, wasserrechtliche Genehmigungen gem. § 8, 9 u. 10 WHG, etc. beim FB Umwelt – Untere Wasserbehörde, Bahnhofstraße 120, 44629 Herne
  • Starkregenkartierung:

In welchem System ist zu entwässern?

Niederschlagswasser ist auf dem Grundstück zurückzuhalten oder in einer geeigneten Vorflut (Bach, Graben, etc.) abzuleiten. Ist dies im Einzelfall nachweislich nicht zu realisieren, weil das Wohl der Allgemeinheit beeinträchtigt wird, der technische oder wirtschaftliche Aufwand unverhältnismäßig ist oder Anschlusszwang an ein bestehendes Netz besteht, verbleibt die Ableitung in Abwasserentsorgung in die öffentliche Kanalisation. Die getrennte Ableitung des Niederschlagswassers und Schmutzwassers ist gegenüber dem Mischsystem zu bevorzugen. Die Anschlussmöglichkeiten und ggfs. Einleitbeschränkungen sollten mit der SEH vor Bauantragstellung abgestimmt werden.

Welche Konstruktionsgrundsätze sind zu beachten?

Die Planung von Grundstücksentwässerungsanlagen ist grundsätzlich nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik aufzustellen. Es gelten hierbei folgende Grundsätze:

  • Hausanschlussleitungen mind. DN 100, Kanalanschluss mind. DN 150, Mindestgefälle 2 %,
  • Geeignete Rückstausicherung,
  • Wartungsfreundliche Leitungsführung, d.h. Kontrollschacht, Revisionsöffnungen, keine Leitungen unter der Bodenplatte,
  • Grundsätzlich keine Dränagen im Mischsystem.

Informationen für Planer

Das Einzugsgebiet der öffentlichen Kanalisation unterliegt einer ständigen Veränderung beispielsweise durch Abkopplungsmaßnahmen aber auch durch neue Versiegelungen. Zunehmend kollidieren die Entwürfe von Bauvorhabenträger mit dem tatsächlich nutzbaren Entwässerungskapazitäten in der öffentlichen Kanalisation. In diesem Spannungsfeld nutzt die SEH gegebenenfalls die Regelung des § 5 Abs. 5 der aktuellen Entwässerungssatzung in Verbindung mit den Empfehlungen der DWA-A 118 zur Limitierung der Einleitmenge über die Vorgabe einer verbindlich einzuhaltenden Drosselabflussspende. Diese liegt im Regelfall in einer Größenordnung von
1 bis 10 l/(s x ha)
. Im Folgenden erhalten Sie einen umfassenden Überblick über die grundsätzlich einzuhaltenden Planungs- und Berechnungsgrundlagen.

1. Rückhaltevolumen bei Einleitungsbeschränkung (VRRR)

Die Auslegung von Rückhaltevolumina für Regenwasser ist auf Grundlage der DIN 1986 Teil 100, in der Regel nach DWA-A 117 in Form einer Tabellenrechnung, vorzunehmen. Für die Bemessung von Rückhalteräumen bei Einleitungsbeschränkungen ist der Drosselwert für den 5-jährlichen (n = 0,2) Regen einzuhalten. Die Regendaten sind dem Kostra-2000-dwd-Atlas (aktuelle Ausgabe) zu entnehmen. Das größte Rückhaltevolumen ist maßgebend.

2. Schmutz- und Regenwassermengenberechnungen

Die Schmutz- und Regenwassermengenberechnungen sind gem. Arbeitsblatt DWA-A118, Tab 4 bzw. DIN 1986-100, Tab. A.2 durchzuführen. Das einfache Berechnungsverfahren unter Verwendung von statistischen Niederschlagsdaten ist anzuwenden, wenn:

1. die kanalisierte Einzugsgebietsfläche AE,k eine Fläche ≤ 200 ha aufweist oder die rechnerische Fließzeit tf ≤ 15 Minuten beträgt,
2. die zulässige Überschreitungshäufigkeit des Regenrückhalteraumes zu n ≥ 0,1 festgelegt wird bzw. die Wiederkehrzeit Tn ≤ 10 a beträgt,
3. der Regenanteil der Drosselabflussspende qDr,R,u ≥ 2,0 l/(s · ha) ist.

Die Niederschlagsspende r 5,2 [l / (s*ha)] für das Grundstück einschließlich Dachfläche ist aus dem Kostra-2000-dwd-Atlas (aktuelle Ausgabe) zu ermitteln. Bei einer abflusswirksamen Grundstücksfläche bis zu 200 ha darf die Wahl der kürzesten Regendauer nach DWA-A 118, Tabelle 4 (entspricht DIN 1986 Teil 100 Tabelle A.2) erfolgen. Die Jährlichkeit von T = 2 Jahren (n = 0,5) darf jedoch nicht unterschritten werden.

Das bedeutet, dass je nach mittlerer Geländeneigung und vorhandenem Befestigungsgrad auch der 10-minütige Regen r 10,2 oder der 15-minütige Regen r 15,2 gewählt werden dürfen. Wenn die Berechnungsregenspende nach DIN 1986-100 Tabelle A.2 reduziert werden kann, muss mit dieser geringeren Regenspende bemessen werden. Die SEH gibt die Wahl der kürzesten Regendauer nach DWA-A 118 auf Anfrage verbindlich vor.

3. Überflutungsnachweis (VRück)

Entwässerungsanlagen außerhalb von Gebäuden können ohne Überflutungsprüfung bemessen werden, wenn das Grundstück eine maximale abflusswirksame Fläche von 800 m² hat und nur über einen Anschlusskanal von DN 150 verfügt. Für alle anderen Grundstücke besteht immer die Nachweispflicht für eine Überflutungsprüfung. Dafür ist in der Regel der 30-jährliche Regen maßgebend. Die anzusetzenden Regendauern sind die gleichen wie bei Punkt 1 „Wahl der Berechnungsregenspende“. Man geht bei diesem seltenen Regen davon aus, dass der Abflussbeiwert C = 1 ist. Es wird also die gesamte befestigte Grundstücksfläche (Dach und befestigte Flächen außerhalb des Gebäudes) angesetzt.

Für die Differenz der auf der befestigten Fläche anfallenden Regenwassermenge, VRück in m³, zwischen dem mindestens 30-jährlichen Regenereignis und dem 2-jährlichen Berechnungsregen muss der Nachweis für eine schadlose Überflutung des Grundstücks erbracht werden. In besonderen Fällen ist der 30-jährliche Regen nicht ausreichend. Wenn die Dachflächen und die nicht schadlos überflutbaren Flächen > 70 % der Grundstücksfläche sind, ist der 100-jährliche Regen maßgebend. Zu den nicht schadlos überflutbaren Flächen zählen auch die Innenhöfe. Abschließend sind die Rückhaltevolumen VRück und VRRR zu vergleichen. Das größere der beiden errechneten Volumen ist maßgebend.

4. Anschlussdimension

Für die Berechnung des Durchmessers des Anschlusskanals muss mit Vollfüllung gerechnet werden. Das Gefälle des Anschlusskanals muss nach DIN 1986-100 angenommen werden. Die maximale Anschlussdimension ohne Schachtbauwerk ist auf die Hälfte der Dimension des Hauptsammlers zu begrenzen.

5. Beantragung

Die Entwässerungsunterlagen inklusive Darstellung der Abwasserbeseitigung im Lageplan ist dem Bauantragsverfahren beizulegen. Sie wird somit Bestandteil der Baugenehmigung. Eine direkte Entwässerungsgenehmigung außerhalb des Bauantragsverfahrens ist bei bauantragspflichtigen Vorhaben ausgeschlossen. Im Lageplan ist darzustellen:

  • Maßnahmen für eine Regenwasserbewirtschaftung (z.B. eine Regenwassernutzung, Versickerung auf dem Grundstück, Dachbegrünung),
  • Grundleitungen, Anschlusskanal und Hausanschlussleitung,
  • Lage des Revisionsschachts bzw. der Reinigungsöffnung,
  • Flächen mit ober- oder unterirdischen Anschluss bzw. Überlauf an die Kanalisation.

Werden mehrere Anschlüsse an den öffentlichen Kanal beantragt und teilt sich die angeschlossenen Fläche auf mehrere Anschlüsse auf, müssen die Teilflächen zu den jeweiligen Anschlüssen zugeordnet und entsprechend grafisch dargestellt werden, von

  • Regenrückhalteanlagen (sofern erforderlich),
  • Versickerungsflächen,
  • Abscheideanlagen.

Es besteht die Möglichkeit, der SEH vorab Entwurfsunterlagen zwecks Abstimmung vorzulegen, jedoch wird hierdurch keine Genehmigung erzielt. Vorhaben zur dezentralen Niederschlagswasserbeseitigung und zur Nutzung von Gewässern sind abzustimmen mit der Stadtverwaltung Herne, FB Umwelt – Untere Wasserbehörde, Langekampstraße 36, 44652 Herne.

Werden im Rahmen des Bauvorhabens neue Anschlüsse an der öffentlichen Kanalisation erstellt oder ist die Ertüchtigung bestehender Anschlussleitungen in offener Bauweise auf öffentlichem Grund erforderlich, ist unabhängig von der Entwässerungsgenehmigung das Antragsverfahren Kanalhausanschluss durchzuführen.